Die Höhle des Löwen (2)

"Ray Clark" in Bulgarien

Wer sich die folgenden Seiten aus Heft 41 einmal mehr als nur oberflächlich ansieht, wird sofort bemerken, daß an verschiedenen Stellen Retuschen vorgenommen wurden, die dem Verständnis und dem Lesefluß nicht immer förderlich sind. Manche dieser Retuschen wären typische Beispiele von Selbstzensur-Maßnahmen, wie sie in der Bundesrepublik in den 50er Jahren an Comicheften vorgenommen wurden, um der drohenden Indizierung durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften zuvorzukommen. In einer Veröffentlichung des Jahres 2005 (Erstabdruck 1987) wirken sie jedoch äußerst befremdlich. Nun, Ray Clark ist eine Serie in italienischer Lizenz, die vorliegenden Seiten stammen aus dem Jahr 1953. Doch auch dies erklärt nicht die drastischen Eingriffe in die Originalvorlage, denn in Italien fehlten und fehlen Zensurbestimmungen, die den unseren vergleichbar sind.
Comic: Die Höhle des Löwen (2) 1
Comic: Die Höhle des Löwen (2) 2
Seite 29 von Ray Clark 47 "La notte del lupo mannaro" (Der Werwolf) in der deutschen und in der "bulgarischen" Version
Des Rätsels Lösung liegt in zwei Phänomenen begründet: der auf Gewinnstreben gerichteten Mentalität einiger Comicsammler und der ideologischen Verbohrtheit bulgarischer Behörden; also um es kurz zu sagen: Kapitalismus und Kommunismus. Als 1980 die aus der SammIerszene stammenden Kleinverleger Jocopo Robusti und Tiziano Vecelli ein Reprint von Ray Clark vorbereiteten, zeigte sich bald, daß sie auf ein unüberwindlichscheinendes Hindernis stoßen würden: die Hefte 40 und 41 waren praktisch nicht existent. Die Originalzeichnungen, soweit sie nicht in irgendwelchen dunklen Kanälen verschwunden waren, waren 1958 verbrannt, zusammen mit den Remittenten der Hefte. Von der, durch einen Streik bedingten, Notausgabe in kleiner Auflage waren in der Sammlerszene nur 6 bzw. 9 vollständig erhaltene Exemplare bekannt, deren Besitzer einem Reprint ablehnend gegenüberstanden, da diese Hefte zu astronomischen Preisen gehandelt wurden und sie, zu Recht wohl, einen Wertverfall befürchteten. Zudem war die Druckqualität der Notausgabe um Welten schlechter als bei den normalen Heften (auf den wenigen, zugegeben schlechten Fotokopien, die davon kursieren, ist kaum mehr als die Seitenzahl zu erkennen). Was also tun? Es hatte zwar einige Lizenzausgaben von Ray Clark gegeben, aber sie begannen alle erst mit späteren Folgen der Serie. Alle Lizenzausgaben? Nein. Durch Zufall gerieten Robusti und Vecelli an eine der seltsamsten Kuriositäten der Comic-Geschichte: an eine italienische Comicserie, erschienen in Bulgarien, also einem kommunistischen Land, und die taten sich ja bekanntlich mit Comics nicht gerade leicht. 1955/56 erschienen in Sofia 21 Hefte von Ray Clark, beginnend mit der Nummer 38 der Originalausgabe. Nur mit dieser hatte diese Lizenzausgabe nur wenig Ähnlichkeit.
Fortsetzung siehe Folge 3
Comic

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