Die Geschichte vom Trauerkloesschen
Die Geschichte vom Trauerklösschen und dem Wunder der Freundschaft
Nach den vielen Hürden statt Hilfen, die ich grade überwinden muss, hab ich jetzt mal was schönes.
In der Psychiatrie hab ich sehr verletzliche und wunderbare Menschen kennengelernt. Menschen im Grenzgebiet. Die an ihre persönlichen Grenzen kommen. Beide Gruppen haben was gemeinsam: Das Umfeld passt nicht zu ihnen. Sowohl auf der Pflegeseite als auch auf Insassen.
Bei den Insassen sind es die äusseren Umstände wegen der sie hier sind. Weil sie nicht funktionieren wie sie sollen. Weil sie anders gepolt sind. So wie ich. Bei mir ist alles genau andersrum. Und deshalb pass ich nirgendwo rein. Da kann auch die Psychiatrie nix dran ändern. Schon gar nicht nach einem Schlaganfall.
Was ich schön fand, war dass dort trotz all dieser Erschwernisse doch noch Menschlichkeit dort existierte. In der Ergotherapie schauten die Pfleger und Pflegerinnen vorbei und guckten was ihre Schützlinge so fabrizierten. Das war schön.
Umgekehrt fanden auch in den Pausen am Abend mal Gespräche zwischen Pflegekräften und Insassen statt. D.h. beide seiten konnten Kontakt zueinander herstellen. Verständnis und Vertrauen aufbauen und jeder fühlte sich mal verstanden. Nein, nicht immer. Das wär auch zuviel verlangt. Dafür sind Menschen wohl einfach zu unterschiedlich.
So schenkte ich der Ergotherapeutin, die schon einige Berufe durchgemacht hatte und deshalb viel Menschenkenntnis besitzt, wie Ihre Kollegen auch, mein Ergo-STrickprodukt. Ein Stirnband oder Loop. Sie hat es angenommen. Als Wertschätzung von mir. Und das zeigt, dass sie sich wertschätzen lässt und sich selbst wertschätzt.
Sie hat auch schnell durchschaut, was mir fehlt. Ein Mensch, der einfach mal mich und meine Not sieht und entsprechend handelt. Dass ich einfach mal nix sagen oder machen muss. Dass das jemand spürt. Schwarmintelligent, mitfühlend. Schwarmintelligenz ist also dann Mitgefühl.
Und das hat sie auf wunderbare Art und Weise gemacht. Die Uhr wurde ja umgestellt. Das ist meinem Hirn heute noch wurschd. Sie bat mich die Uhr im Ergoraum umzustellen. Ich kam nicht an die Uhr ran, weil sie oben hing und ich nicht besonders gross bin.
Da stand ein Stuhl und meine Strategie wäre also wieder die gewesen, es alleine zu lösen, indem ich da hochsteige.
Das war allerdings nicht notwendig, da die Zeichnerin des Trauerklösschens einfach von sich aus aufstand und die Uhr herunternahm.
Und dann hat sie mir noch gesagt wie ich die Uhr stellen soll. Vor oder zurück. Und dann hat sie sie wieder hingehängt, wobei ich von unten dirigiert habe, damit sie das Loch an den Nagel hängen kann. Es war also Teamwork!
Sowas hab ich mein ganzes Leben lang noch nicht erlebt und ich musste heulen. Vor Freude. Ver Glück. Dass es sowas gibt!
Und bei der Ergotherapeutin hab ich mich auch bedankt. Auch da hab ich geheult.
Weil ich noch nie erlebt habe, dass jemand etwas für mich macht. Ohne dass ich vorher um Hilfe bitten muss. Weil ich das nicht kann. Weil es mir schwerfällt. Überhaupt derzeit.
Blindes und stummes Verständnis. Das war wie ein Wunder! Und wunderbar!
Meine Helferin ist äusserst sensibel wie ich. Und deshalb auch so verletzlich.
Ich zeichne Comics und refrainiere vor mich hin. Ihre Strategie ist das Trauerklösschenzeichnen und Gedichte schreiben. Und was für wunderbare Gedichte! Die Dich direkt ins Herz treffen.
Aus dieser Geschichte entstand dann eine Coproduktion Die Glaa trifft das Trauerklösschen. Denn die Glaa fand die Gedichte wunderbar. So dass sie sie auch den anderen Insassen vorlas. Der Lesung lauschten wir in andächtiger Stille. Und das ist das, was bei Authentizität und Echtheit passiert. Es wird still. Wie bei gutem Essen.
Ich hoffe, sie traut sich diese wunderbaren Gedichte und Zeichnungen und all ihre noch zu entdeckenden Leidenschaften mit anderen zu teilen.
Bis dahin... hat sie mir schon mal erlaubt, Euch das Trauerklösschen vorzustellen. Und die Geschichte vom echten Teamwork. Das ist blindes und wortloses Verstädnis. Komisch... sie kannte mich gar nicht lange und doch ist ihr gelungen, was meiner Ex-Ergotherapeutin bis heute nicht gelungen ist. Sie hat mich verstanden. Wir haben uns verstanden. Wir sind uns auf derselben Dimension begegnet. Kontakt wurde hergestellt. Energie konnte fliessen. Und sich in Kreativität austoben.
Ihre Begeisterung , ihre Liebe, ihre Leidenschaft ist auf mich übergesprungen und hat meinen Funken befeuert. Und das ist dann dabei herausgekommen.
Ich wünschte mir, wir könnten das in allen Beziehungen so erleben und praktizieren. Dann bräuchte es keine Wort mehr. Und wenn, dann wären sie ausgeglichen... und lassen tief blicken. Denn wo Authentizität herrscht, da spricht die absolute Wahrheit. Weil die sich aus einer Quelle speist, die jenseits der Logik liegt. Das ist die Energiequelle, die nie versiegt. Und die liegt in jedem einzelnen von uns und in unserer Verbindung.
Und endlich konnte ich so eine Verbindung mal zu einem anderen Menschen herstellen. Kontakt hergestellt. Energie fliesst... Wunderbar! Und so werden Wunder wahr!
Damit möchte ich Euch ermutigen Eure wunderbaren Talente und Fähigkeiten mit anderen zu teilen. Denn sie bereichern alle. Nur durch das Teilen von Freud und Leid und Schmerz und Liebe kann echte Verbindung, echter Kontakt und Energiefluss entstehen. Und damit Sinn.
Comments
shortcoming |
Etzerdla |
Miezel |
cassiel |
"Verständnis ist für den Traumatisierten, was die niedrige Bordsteinkante für den Rollstuhlfahrer."
Da die Gefühlswelt Traumatisierter so ganz anders ist als der Neurotypischen, gibt es meist nur untereinander ein "natürliches" Verständnis, das ohne viel Worte auskommt. Man kann sich aber aufgrund der beiderseitigen Sensibilität auch kollossal gegenseitig auf die Nerven gehen.
In institutioneller Behandlung trifft man dann mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Menschen, die das gleiche Problem haben wie man selbst und man versteht sich, nicht selten besser als mit den professionellen Therapeuten. Für letztere ist es eben nur ein Job und der einzelne Patient immer nur einer von vielen. Eine wirklich unterstützende Beziehung (und genau das ist es was unser einer wirklich braucht) ist da sehr selten. Eher schon eben unter den Patienten. Häufig wird das aber von den Verantwortlichen der Institution nicht gern gesehen, gar unterbunden. Weil es eben da meist auch nicht darum geht, dass einem wirklich geholfen wird, sondern dass man wieder da wo man herkommt - im völlig falschen sozialen Mileu - wieder funktioniert. Da stören Gleichgesinnte mit denen man sich versteht und die das eigene Verhalten auch verstehen, weil das den "Therapieerfolg" gefährden kann.
Da läuft in der institutionellen Therapie und nicht selten auch in den Selbsthilfegruppen was grundsätzlich verkehrt. Ich bin da dem deshalb äußerst skeptisch gegenüber eingestellt.
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kurisuno |